Im Juli 2020 feierte sie ihr 165-jähriges Jubiläum – die Litfaßsäule. Die erste wurde 1855 in Berlin errichtet und sollte Ordnung in das wilde Zettelchaos der Stadt bringen und ein Ort der gebündelten Informationen werden. Vor dieser Werberevolution wurden Aushänge an Bäumen, Hauswänden und im öffentlichen Raum angebracht –  also überall wo Platz war. Durch die neue Regelung durften ab dem 1 Juli 1855 Werbung und Aushänge nur noch gegen eine Gebühr an den designierten Säulen angebracht werden. Ernst Litfaß, der Erfinder nach dem die Säulen benannt sind, ließ 100 Zementsäulen errichten und wurde zum deutschen Reklamekönig. Pünktlich zum Beginn des Plakat-Zeitalters.

Stiller Zeitzeuge

Die Litfaßsäule ist ein stiller Zeitzeuge. Auf den Säulen wurden Kriege und Kulturprogramme beworben sowie zur Wahl aufgerufen. Im Zeitalter der Plakatwerbung war die Reklame an der Litfaßsäule eine der wichtigsten Marketingstrategien, um ein weites Publikum zu erreichen.

Die Beliebtheit dieser Werbeplattform hat mit dem Beginn des Fernsehe-Zeitalters und dem Erfolg der Werbespots abgenommen. In vielen Stäten, wie zum Beispiel in Hamburg wo 499 Säulen zwischen 2008 und 2019 abgebaut wurden, ist die Zahl der Litfaßsäulen stark zurückgegangen. Jedoch ist die Säule auch heute noch eine wichtige Werbeplattform für die kulturschaffende Szene. Denn die Litfaßsäule ist ein sehr günstiges Medium, welches viele Menschen in einer bestimmten Region erreichen kann. Und auch beim politischen Wahlkampf ist die Litfaßsäule noch immer ein beliebtes Werbemittel, um im entsprechenden Kreis zur Wahl aufzurufen.

Zukunft der Litfaßsäule

Erst 2019 kündigte die Stadt Berlin an, dass 1000 Litfaßsäule abgebaut werden sollten. Aber nicht, weil sie veraltet sind oder nur noch im Weg stehen. Der Abriss der meisten Säulen ist darauf zurück zu führen, dass die Standorte aktualisiert wurden und asbestbelasteten Säulen durch neue ersetzt werden sollen.

Die Litfaßsäule ist Kulturobjekt und wird auch weiterhin in den deutschen Städten zu finden sein. Aber auch diese 165 Jahre alten Werbeplattform spürt den Wandel der Zeit. Marketing wird kreativer und persönlicher. Bei Guerilla Marketing Aktionen, wo durch unkonventionelle Werbung Aufmerksamkeit erzeugt wird, ist die Litfaßsäule eine beliebte Bühne. Bei anderen Säulen wurde die Funktion neu definiert. In Görlitz können leere Säulen für nicht-kommerzielle Zwecke übernommen werden und wurden so in vielen Stadtteilen zu schwarzen Brettern umfunktioniert. Des Weiteren gibt es in Frankfurt die Kunstsäule, wo alle drei Monate ein neuer Künstler ein Kunstwerk präsentiert. Diese Entwicklung zeigt, dass die Litfaßsäule sich der Zeit anpasst und deshalb noch lange Teil der deutschen Städtelandschaft bleiben wird.